Das leidige Alleinbleib-Thema.

Ja, ein wirklich leidiges Thema! Die Hundeforen sind voll von Hilferufen - vielleicht ist es sogar das häufigste Problem, welches Menschen mit Hunden haben - verzweifelte Hundehalter kämpfen Monate oder gar Jahre damit! Es kursieren hunderte Meinungen wie ein Hund das entspannte Alleinebleiben lernen kann. Oft funktioniert es trotzdem nicht...

Ich bin überzeugt davon, dass "Normalität" der schnellste Weg zum langanhaltenden und ganzheitlichem Erfolg führt! Im Beitrag dazu mehr!

Aus aktuellem Anlass möchte ich heute über die Gewöhnung des Hundes an das Alleinbleiben schreiben. Ich glaube, dass dieses Thema oft überbewertet wird bzw. zu viel Wind darum gemacht wird - im Sinne von wahnsinnig kleinschrittigem Aufbau, zerbrechlichen Konditionierungen etc. Gleichzeitig werden Dinge die ich für wichtig finde in vielen Beiträgen oft außen vor gelassen.

 

Mein Pflegehund wohnt seit knapp 2 Monaten bei mir. Wir haben die ersten Wochen das Alleinbleiben nur nebenbei geübt. Sprich die Toilettentüre wurde geschlossen, später dann auch die Zimmertüre. Bei kleineren Erledigungen in anderen Räumen habe ich auch einfach die Türe zu gemacht. Später habe ich wirklich bewusst diese Phasen geübt, ich bin in einen anderen Raum gegangen, habe den Müll runter getragen,... Sinnvoll ist es, den Hund immer wieder mit dem Alleine-Sein in verschiedenen Räumlichkeiten zu konfrontieren. Spontan mal im Bad die Türe zu oder auch mal auf der Toilette... Sei kreativ!

Ich mache das kommentarlos, entspannt als wäre es das normalste auf der Welt. Wenn es dem Kleinen einmal zu lange war, hat er auch mal gefiept oder an der Türe gekratzt. Dem messe ich nicht all zu viel negative Bedeutung zu, ich denke es ist nachvollziehbar, dass er das tut wenn er sich nicht sicher fühlt.

 

Oft ließt man im Internet oder hört in Hundeschulen, dass man nun warten muss bis sich der Hund beruhigt, da er sonst lerne auf fiepsen und kratzen kommt das Herrli/Frauli wieder. Das ziehe ich nicht durch. Ich glaube nicht, dass ein Hund(ebaby) so komplex denkt, dass es Mama/Papa jetzt zurück geholt hat und deshalb nie entspannen wird, wenn man mal nachgibt und dieses Verhalten bewusst weiter abspielt. Ich sehe es einfach als eine instinkthafte Reaktion und nicht eine bewusste Methode. Ich empfinde es nicht vertretbar meinen Kleinen so lange auf sich alleine gestellt verzweifeln zu lassen bis er sich ergibt oder vor Erschöpfung vielleicht sogar einschläft. Ich möchte das entspannt aufbauen um auch später einen Hund zu haben, der das als normal empfindet, entspannt ist und sich sicher fühlt.
 
Ich gehe dann zurück wenn ich es für passend empfinde (Bauchgefühl!), das kann sein wenn er still ist, wenn er gerade zu fiepsen begonnen hat oder schon seit einer Minute fiepst, wenn es sich nicht anders für mich ausgeht. Wichtig ist für mich, dass ich wenn ich zurück komme ausstrahle, dass alles in Ordnung ist, ich selbst entspannt bin, mir keine großen Sorgen mache oder das Hundekind tröste - auch wenn es ganz wild angehopst kommt - die Welt ist ja schließlich wieder in Ordnung wenn ich zurück bin. Ich verzichte auf eine Begrüßung um dem Kleinen zu vermitteln, dass das was gerade geschah ganz normal ist. Würde ich ihn begrüßen und eine Aufregung darum machen, dann würde auch der Hund aufgeregt werden und es als etwas besonderes empfinden. So ist er in kürzester Zeit wieder entspannt und erkennt, dass nichts großartiges passiert ist.

 

Was ich auch gerne beachte ist, dass der Hund zufrieden ist, im Idealfall schon müde - so ist er im Gesamten entspannter und kann die neue Situation meiner Ansicht nach besser meistern.

 

Zur Normalität gehört für mich auch, dass ich das Haus/Zimmer immer ganz normal verlasse. Wenn ich mich hinausschleiche und die Türe leise schließe damit er es nicht mitbekommt ist es kein Training, das der Realität entspricht und wird natürlich auch nicht zu einem anhaltenden Erfolg fühlen - es sei denn ich schleiche mich sein Leben lang aus dem Haus wenn ich gehe. *schmunzel*

Mir ist es wichtig so realistisch wie möglich unterwegs zu sein! Und der Hund wird es mir danken, schließlich hat er es von Anfang an "richtig" gelernt und kann auf Lebenszeit entspannt sein, wenn ich ganz normal oder auch einmal überstürzt das Haus verlasse!

 

Neben dem aktiven Üben der Situation alleine zu sein, finde ich es wichtig zu reflektieren wie ich mit dem Hund umgehe wenn wir beide da sind. Wie präsent ist er für mich? Gehe ich jedes Mal auf ihn ein wenn er mich ansieht, anwedelt oder vielleicht sogar wenn ich ihn sehe? Wie präsent bin ich mittlerweile für ihn, läuft er mir nach (Zuhause? auf Besuch?...)?  Springt er bei der kleinsten Bewegung meinerseits auf? Ist er in einer ständigen Erwartungshaltung? Schläft er tief und entspannt und vertraut er mir oder döst er vor sich hin und ist immer aufmerksam?
 
Ich lege Wert darauf, meinem Hund bewusste Aufmerksamkeit zu schenken. Einerseits weil ich finde, dass Qualität vor Quantität steht und andererseits hat eine ständige Ansprache auch Auswirkungen auf den Hund. Ich erlebe Hunde die diese "unkontrollierte Ansprache genießen" meist als angespannt, nervös, abwartend, oft laufen sie ihren Haltern auf Schritt und Tritt nach (Kontrollieren? Bindung? Liebe?... dazu folgt ein weiterer Artikel) . Das liegt daran, dass der Hund gelernt hat immer aufmerksam zu sein, weil jederzeit etwas vom Halter kommen kann und er somit etwas wichtiges verpassen könnte.

Ein Hund welcher Ansprache bewusst erhält, entspannt dösen und beobachten darf und nicht immer beachtet wird, wird hingegen entspannter sein. Der Hund weiß, dass wenn etwas wichtiges kommt - ein Gassigang, Fütterung, Streicheleinheit... - er die Nachricht rechtzeitig erhalten wird. So kann man sich vorstellen, dass auch die Aufmerksamkeit des Hundes sich von Quantität zur Qualität verändert - aber dazu ein anderes Mal mehr.

 

Jetzt könnte man meinen ich komme vom Thema ab - was hat Aufmerksamkeitsverteilung mit dem Alleinbleiben zu tun??!

Ich sehe hier folgenden Zusammenhang. Ein Hund der von Haus aus unentspannt ist und es gewohnt ist seine Bezugsperson nicht aus den Augen zu lassen wird mit dem Alleinbleiben umso gröbere Probleme haben! Der Hund kennt dann oft nur zwei Extreme - ganz nah am Halter und viel Aufmerksamkeit und Ansprache oder völlig verlassen und auf sich alleine gestellt. Einem Hund der entspannt ist, sich auf seine Bezugsperson verlassen kann, eine gute Bindung hat und ihr/ihm vertraut wird dies leichter fallen!

 

Was sich ebenfalls positiv auf das Training zum Alleinbleiben auswirken kann sind verschiedene Übungen bei welchen der Hund lernt, Situationen auszuhalten. Darauf werde ich ebenfalls noch genauer in einem anderen Beitrag eingehen.


In diesem Sinne wünsche ich viel Erfolg beim Training!

 

 

Ergänzung:

Eine gute Übung ist auch den Hund im Freien abzulegen oder sitzen zu lassen und aus seinem Blickfeld zu verschwinden. Das festigt die Bleib Übung unter Ablenkung und der Hund lernt, dass es normal ist wenn Herrchen oder Frauchen verschwinden und wieder zurückkommen. Das kann ich auch machen, wenn ich wo auf Besuch bin, oder ich verlasse plötzlich den Raum ohne den Hund zu beachten und komme genauso entspannt wieder zurück. Wenn diese Übungen plötzlich geschehen ist dies ideal, so kann ich den Hund auch Zuhause mal im Bad einsperren/Türe schließen oder einen Moment vor der Haustüre stehen lassen (es empfiehlt sich die Leine in der Türe einzuzwicken) und im nächsten Moment wieder entspannt und kommentarlos auflösen indem ich ihn wieder hinein/herauslasse. 

 

 

 

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